Ein Artikel von Gastautorin Golden-Eye

„Endlich.“ Das ist es, was ich dachte, als mich am Freitagmorgen die Nachricht erreicht hat: Die Ehe für alle ist ab jetzt in Deutschland erlaubt. Auch wenn die Einzelheiten noch geklärt werden müssen, die Entscheidung ist gefallen.  Dreimal musste ich hinschauen bis ich es tatsächlich realisiert habe. Und dann? Freude, Erleichterung.

Ich kann euch hier gar nicht sagen, wie überglücklich mich diese Nachricht macht und wie erleichtert ich bin. Erleichtert, dass wir wieder einen Schritt weiter sind in Richtung Gleichberechtigung, in Richtung Akzeptanz,

in Richtung Gerechtigkeit. 

Gleichzeitig frage ich mich: War das denn nun wirklich so schwer? Warum mussten wir so lange warten auf etwas, was selbstverständlich ist, worüber es meiner Meinung nach überhaupt gar keine Diskussion geben dürfte?

Die große Mehrheit der Abgeordneten (393) stimmte  für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe. 226 Abgeordnete haben mit Nein gestimmt. Das sind genau 226 Gegenstimmen zu viel.

Es sind immer die gleichen scheinheiligen „Argumente“, die die Gegner anbringen.

„Die Ehe als Verbund zwischen Mann und Frau ist heilig.“ Das steht in der Bibel. Toll. In der Bibel steht auch, dass ungehorsame Söhne gesteinigt werden sollen. Und daran halten wir uns ja auch nicht, oder? Und warum? Weil die Bibel in einer anderen Zeit geschrieben wurde. Viele der Lehren bedürfen der Anpassung an heutige Verhältnisse. Die Ehe für alle ist eine davon.

„Homosexualität ist unnatürlich.“  Diese Aussage ist einfach nur kompletter Blödsinn. Wie ist „natürlich“ überhaupt definiert? Laut Duden bedeutet natürlich: „in der Natur vorkommend“.  Homosexualität kommt in der Natur vor. Übrigens nicht nur bei Menschen, sondern auch bei zahlreichen Tieren. Es gibt homosexuelle Pinguine, Affen, Flamingos, ja sogar Giraffen. Und hat es den Tieren geschadet? Oder der Natur? Nein, das Einzige, was Tieren und der Natur schadet sind Menschen im Allgemeinen aber das ist ein anderes Thema.

„Ein Kind braucht Mutter und Vater.“  Mutige Aussage, wenn man bedenkt, dass wir in einem Land leben, in dem die Scheidungsrate bei um die 40% liegt.

Gleichzeitig steigt die Zahl der Alleinerziehenden immer weiter an. Alle diese Kinder wachsen auch nur bei einem Elternteil auf und damit scheint die Regierung kein Problem zu haben. Wo sind in dem Fall die Leute, die auf die Straße gehen und protestieren, dass diese Kinder nicht bei einer Mutter UND einem Vater aufwachsen?

Wenn Alleinerziehenden-Haushalte toleriert werden, warum dann nicht auch Haushalte, in denen zwei sich liebende Partner des gleichen Geschlechts für ein Kind sorgen? Warum sollte das schlechter für die Kinder sein?

Ich sage nicht, dass homosexuelle Paare bessere Eltern abgeben oder dass diese sich weniger oft scheiden lassen werden. Ich sage nur, dass gleichgeschlechtliche Paare auf keinen Fall als Eltern schlechter sind als Hetero-Paare.

Die Einführung der Homo-Ehe ist ein Thema, was mich persönlich schon seit Längerem beschäftigt hat. Aber was mich in dem Zusammenhang am meisten schockiert  ist, wie viele überhaupt nicht wussten, dass es Schwulen und Lesben in Deutschland nicht gestattet war zu heiraten. „Häh, aber die durften doch schon vorher heiraten?“ „Nein, sie konnten eine eingetragene Lebenspartnerschaft beantragen.“ „Das ist doch das Gleiche“. Diesen Satz musste ich mir bei dem Thema so oft anhören und jedes Mal macht er mich wütend! Denn auch wenn die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe in vielen Bereichen gleich gestellt ist, so ist es doch nicht das Gleiche.

Der Unterschied wird schon in der Tatsache deutlich, dass man sich dafür einen anderen Namen ausgedacht hat. Wenn es doch das Gleiche ist, wäre das völlig unnötig gewesen. Aber nein, es musste ein eigenes Gesetz her. Das Lebenspartnerschaftsgesetz trat am 1. August 2001 in Kraft. Das erste Mal wird es gleichgeschlechtlichen Paaren möglich gemacht ihre Beziehung rechtlich anerkennen zu lassen. Ein riesen Schritt in die richtige Richtung ohne Frage. Trotzdem hat es nun nochmal 16 Jahre (!) gedauert, um die Homo-Ehe zu beschließen!

Viel zu lange, wenn ihr mich fragt. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass uns andere Länder in dieser Hinsicht lange voraus waren. Die Niederlande waren 2001 das erste Land, welches die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare legalisierte. Weitere Länder, die folgten sind Belgien, Spanien, Norwegen, Schweden, Portugal, Kanada und sogar die teils sehr konservative USA.

Höchste Zeit also für Deutschland nachzuziehen!

Ganz so einfach wird es dann vermutlich aber doch nicht werden. Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn die Legalisierung nicht mit einigen bürokratischen und rechtlichen Hürden einhergehen würde.

„Verfassungswidrig“ ist das neue Lieblingswort der Gegner in der CDU/CSU und der AFD. Von einer Verfassungsklage ist die Rede. Das Problem: Auch wenn im Grundgesetz nicht eindeutig steht, dass die Ehe zwingend ein Bündnis zwischen Mann und Frau sein muss, so hat die Rechtsprechung diese Auslegung doch immer wieder bekräftigt. Die Frage ist jetzt, ob eine Grundgesetz-Änderung für den Bestand der Homo-Ehe notwendig ist oder nicht. Für eine wirksame Verfassungsänderung wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig.

Sollte sich die CDU/CSU tatsächlich dafür entscheiden eine Klage einzureichen, wäre das vor allem eines: Dumm. Es gab ein faires Votum. Ihr, liebe CDU/CSU, habt verloren. Lebt damit.

Ihr, die ihr das „christlich“ im Namen tragt, zeigt doch zur Abwechslung mal, dass ihr fähig seid, die Nächstenliebe, die ihr immer predigt auch zu leben.

Wie kann man einen Menschen dafür verurteilen, wen er liebt? Wie kann man aktiv dafür kämpfen, dass diesen Menschen ein Grundrecht verweigert bleibt? Was bringt es euch, wenn ihr weiter dagegen ankämpft? Wovor habt ihr Angst?

Das hier geht  an alle, die am Freitag meinten mit Nein stimmen zu müssen; an alle, die der Meinung sind, dass Homosexuelle die Ehe nicht verdient haben; an alle, die Menschen wegen ihrer Sexualität verstoßen, benachteiligen und diskriminieren: Macht euch nicht lächerlich, indem ihr einen Kampf zu gewinnen versucht, den ihr längst verloren habt. Zeit für euch im 21. Jahrhundert anzukommen.

Keine Angst, ich verspreche euch, nur weil ihr ab jetzt in einem Land lebt, in dem jeder das Recht und die Freiheit genießt, den zu heiraten, den er oder sie liebt, werdet ihr nicht auf einmal alle in der Hölle landen. Es wird kein Fegefeuer vom Himmel regnen, der Boden wird sich nicht auftun und Deutschland verschlucken. Und ganz sicher wird die Menschheit nicht aussterben, nur weil es dann vielleicht ein paar homosexuelle Paare mehr gibt. Was sich für euch ändern wird?

Nichts. Also hört auf, euch in das Leben anderer einmischen zu wollen und befasst euch wieder mit eurem eigenen.

Ob es tatsächlich zu einer Klage kommt und wie das Bundesverfassungsgericht in diesem Fall entscheiden wird, bleibt abzuwarten.

Eins ist aber gewiss: Wir geben nicht auf. Uns wurde am Freitag etwas versprochen und das werden wir einfordern!

Jahrelang haben tausende Menschen für die Gleichberechtigung in der Ehe gekämpft und jetzt, wo wir dem Ziel so nahe sind, werden wir uns sicher nicht aufhalten lassen.

Nachdem alle Welt verkündet hat, dass die Ehe für alle endlich auch nach Deutschland kommt, wird es die Regierung ziemlich schwer haben einen Rückzieher zu machen. Ganz besonders jetzt kurz vor der Wahl eines neuen Bundeskanzlers, kann es sich Merkel nicht erlauben die halbe Bevölkerung gegen sich aufzubringen.

Wir lassen uns die Freude über unseren Sieg nicht nehmen. Denn das ist es, was diese Entscheidung ist. Ein Sieg der Liebe. Ein Sieg für Deutschland. Ein Sieg für all jene, die sich jahrelang verstecken mussten nur weil Ihnen gesagt wurde, dass sie das „falsche Geschlecht“ lieben. Ein Sieg für die Menschheit. Ein Sieg für die Zukunft. Ein Sieg für die Freiheit.

Mein Appell an euch alle da draußen: Schnappt euch eure Liebste oder euren Liebsten egal welches Geschlecht, stürmt die Standesämter dieses Landes, jetzt wird geheiratet!

Euer Golden-Eye

PS: Großes Dankeschön an Bastian Jo, dass er mir die Möglichkeit gegeben hat, diesen Artikel zu schreiben und auf seiner Webseite zu veröffentlichen.